Nachhaltiges Fallbeispiel Steinschalerhof

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Zünftig und Vernünftig - Steinschaler Claim

Auszug aus der ÖHV Studie von Frau Mag. Stephanie Tischler
IMC Krems - 2015

Fallbeispiel Steinschaler Naturhotels - ÖHV Studie

leerer Pelletsbunker - neu


Die Steinschaler Naturhotels (bestehend aus Steinschalerhof und Steinschaler Dörfl) liegen südlich von St. Pölten im Pielach- bzw. sogenannten Dirndltal. Der Steinschalerhof ist aus einem typischen Mostviertler Vierkanthof entstanden und verfügt über 60 Zimmer.

Die regionale Küche wurde mit der „Grünen Haube" ausgezeichnet und ist bio-zertifiziert. Das Naturhotel Steinschaler Dörfl ist auf dem Gelände eines ehemaligen Bergbauernhofes in Frankenfels errichtet worden. Die Vision war es, aus einem alten Bauernhof in unberührter Naturlandschaft eine Oase mit moderner Infrastruktur im Dörfl-Charakter zu gestalten.

Nachhaltiges Wirtschaften und der nachhaltige Umgang mit der Natur und der kulturellen Tradition im Dirndltal sind zentrales Steinschaler Anliegen.

Dorfhotel von Norden

Abbildung: Außenansicht Naturhotel Steinschaler Dörfl

Grundgedanken zur Nachhaltigkeit

Bio-Gärten als zentraler Bestandteil der Nachhaltigkeits-Strategie

Nachhaltigkeit spielt aufgrund der großen persönlichen Bedeutung des Themas für Hans Weiss, dem Betreiber der Steinschaler Naturhotels, und seine Familie eine wichtige Rolle und gründet in deren Erziehung und Ausbildung. Mit seiner gelebten Nachhaltigkeit möchte der innovative Hotelier einen Gegenpol zur Ressourcenverschwendung und zur Wegwerfgesellschaft bilden. Nachhaltigkeit wird als sehr vernetztes Thema gesehen, es ist immer das Denken in allen drei Säulen notwendig. Für einen reibungslosen Betrieb muss aber auch insbesondere die wirtschaftliche Nachhaltigkeit gegeben sein. Über das Thema Nachhaltigkeit allein positionieren sich die Steinschaler Naturhotels nicht, aktiv kommuniziert wird aber sehr stark der eigene Bio-Garten als Teil des Betriebs. Dieser stellt die Grundlage für Küche und Ernährung dar, die nicht nur dem Gast zu gute kommt. Problematisch sieht Johann Weiss die politischen Rahmenbedingungen für Nachhaltigkeit allgemein, aber auch insbesondere im Tourismus, die als bei weitem nicht optimal eingeschätzt werden.

Ressourcen- und Einkaufsmanagement

Erntescheibtruhe im Herbst

Die Steinschaler Nachhaltigkeit, und insbesondere das Ressourcen- und Einkaufsmanagement, sind durch den Begriff „Subsistenz“ geprägt, die die auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Lebensmittelproduktion für den eigenen Betrieb verfolgt. Der Steinschaler Eigenversorgungs- und Schaugarten ist ein Naturgarten mit hoher Vielfalt und naturnaher Bewirtschaftung auf biologischer Basis.

Vorrangig wird aus den eigenen Gärten bezogen. Aus diesen stammen Dekorationspflanzen, Gemüse, Küchenkräuter, Obst und Wildkräuter und diese werden „CO2-frei geliefert“, so Johann Weiss. Darüber hinaus werden eigene Marmeladen und Pestos hergestellt.

Steinschaler Regionalshop: Herstellung, Verwendung und Verkauf eigens hergestellter Produkte

Beim Einkauf wird darauf geachtet, regional (möglichst aus dem Tal) einzukaufen (z.B. Rind, Fleisch, Wild, Eier, Öl, lokale Handwerksbetriebe) um als Teil des regionalen Kreislaufes zu agieren und diesen zu treiben. Lebensmittel werden nach folgendem Grundsatz eingekauft: Oberstes Ziel ist biologisch und regional einzukaufen, die zweite Wahl ist der regionale Einkauf, dritte Priorität hat biologisch, aber aus vertretbaren Distanzen.

Ernte einer Hängegurke - Johanna
Brennholz: erneuerbare Energie für eonige gemütlichen Öfen - regional aus dem Dirndltal

Damit man sich im Einkauf sicher sein kann, welche Produkte geliefert werden, wird zu regionalen Lieferanten besonders enger, sehr langfristiger Kontakt gesucht. Beim Einkauf von Lebensmitteln und Ausstattung wird das MIPS-Konzept mitbedacht (Materialinput pro Serviceeinheit: MIPS als Maß für den Naturverbrauch eines Produktes oder einer Dienstleistung entlang des gesamten Lebensweges von der Wiege bis zur Wiege (Gewinnung, Produktion, Nutzung, Entsorgung/Recycling)).


Im Energiemanagement wird den Themen Dämmung, Heizen (Niedertemperatur-Heizungen), Haustechnik (z.B. laufendes Monitoring) und Licht (z.B. LED-Lampen) große Beachtung geschenkt. Johann Weiss verweist hier darauf, dass eine differenzierte Betrachtung, was aufgrund der Gegebenheiten sinnvoll für jeden einzelnen Betrieb ist, besonders wichtig ist. So wurde beispielsweise ein Rückgewinnungsprojekt von Kühlanlagen wieder zurückgestellt, da es sich als nicht geeignet erwiesen hat.

In den Steinschaler Betrieben ist die verstärkte Verwendung nachwachsender Rohstoffe ein wichtiges Thema, so wird Holz als Brenn- und Baumaterial verwendet. Durch die Ausrichtung als konsequentes Naturhotel wird es den Gästen ermöglicht, einen klimaneutralen Aufenthalt zu verbringen.

Müllvermeidung ist ein zentrales Thema, nicht nur im Einkauf. Auf Wiederverwendung von geeigneten Verpackungsmaterialien (z.B. Kartonschachteln für die Einbringung der Ernte aus dem eigenen Garten) wird Wert gelegt.

MzB-Bahnbild an der Ostfront des Steinschalerhofs

Im Bereich Soft Mobility sind durch die neue Mariazellerbahn Verbesserungen ersichtlich. Die Anreise mit dem Zug ist laut Johann Weiss tendenziell im Steigen. Es wurden beispielsweise Pakete wie das „soft-mobile“ Wochenendpaket Schmalspurjuwelen angeboten. Allerdings ist hier klar zu sehen, dass dieses Thema beim Durchschnittsreisenden auf eher wenig Interesse stößt. Auch für Seminargäste wurde die Anreise per Bahn als Teil des Seminarprogramms angeboten und gleich mit der Auftaktphase des Seminars verbunden, allerdings erwies sich auch dieses Bestreben als relativ schwierig. Aus Sicht von Johann Weiss prägen Rahmenbedingungen wie ein billiger Benzinpreis das anhaltend geringe Interesse der Bevölkerung gegenüber dem Thema Nachhaltigkeit.

Personalmanagement

Interne Schulung im Kirchbergblick 2011.jpg

Schulungen werden als sehr wichtig betrachtet, sowohl für die persönliche Weiterentwicklung als auch für die Weiterbildung der Mitarbeiter. Schulungen finden im Familienbetrieb eher informell statt und werden insbesondere für Mitarbeiter im Gästekontakt angeboten. Besonders wichtig wird es gesehen, die Mitarbeiter mit kleinen Maßnahmen für das Thema Nachhaltigkeit zu sensibilisieren (z.B. Hinweis, welche Energieverschwendung eine in Betrieb genommene, aber nicht benutzte Herdplatte die in der Küche verursacht).

Nachhaltige Systeme und Zertifizierungen

Umweltzeichenlogo
UZ62 green meetings.png

Zertifizierungen liegen derzeit seitens der AMA (Kulinarisches Erbe/AMA-Gastrosiegel), für Slow Food, als Tut gut-Wirt, für Natur im Garten und als Genussregions-Wirt vor. Weiters tragen die Steinschaler Naturhotels das Umweltzeichen sowie die Grüne Haube. Bis vor kurzem bestand auch eine EMAS-Zertifizierung, diese wurde aufgrund des hohen Aufwands nicht erneuert. Der Nutzen von Zertifizierungen wird darin gesehen, dass man dadurch etwas Neues lernen kann. Zertifizierungs-Prozesse dienen als gute Informationsquelle und liefern oft wertvolle Diskussionsanstöße und Verbesserungsvorschläge. Daneben haben sie auch den Nutzen, sämtliche nachhaltige Maßnahmen für die Gästekommunikation glaubwürdig zu belegen. Kontrolle und Zertifizierungen dürfen laut Johann Weiss aber nicht zum reinen Formalismus werden, sie müssen immer Nutzen (Information und Aufzeigen von Verbesserungsmöglichkeiten) liefern, damit sie sinnstiftend für die Beteiligten sind.

Nachhaltigkeits- und Innovationsmanagement und Best-Practice-Beispiele

Gesundheit: Herzgespannblätter auf Hand

Im Betrieb werden laufende verschiedene Entwicklungen inner- und außerhalb der Branche beobachtet und anschließend abgewogen, ob eine Umsetzung im Betrieb sinnvoll sein könnte. Dazu werden Informationen mit den betreffenden Mitarbeitern (z.B. Gartenleiterin) und in der Führungsebene besprochen. Quellen zur Information über laufenden Entwicklungen sind Exkursionen und Veranstaltungen. Maßnahmen werden dann umgesetzt, wenn sie einen Nutzen für den Betrieb bzw. die Nachhaltigkeit stiften.

Auch Beschwerden sind als Quelle von Information zu sehen. Diese sollen immer durchgedacht werden, um zu überlegen, was kann aufgegriffen werden kann und wo und wie Verbesserungen erzielt werden können.

Als eigenes Best-Practice-Beispiel wird der chemiefreie Garten mit dem Denken und Wirtschaften in Kreisläufen (z.B. Bodenfruchtbarkeit erhalten) gesehen. Dieser bildet die Basis für sämtliche Angebote der Steinschaler Naturhotels.


Abbildung: Wildkräuter aus den Naturgärten am Buffet

Strategische Partner und Kooperationen, auch außerhalb der Branche und der Region sind laut Johann Weiss zentral im Innovationsmanagement.

Kommunikation

Gruppenarbeit auf dem Dorfplatz

Zielgruppe der Steinschaler Naturhotels sind Familien-, Sport- und Natururlauber, Reisende mit Hunden, Seminar- und Incentivegäste.

heutige Teichidylle auf der ehemaligen Sägewiese

Kommuniziert wird vorrangig über eine Website. Johann Weiss hat darüber hinaus das Steinschaler Wiki (http://steinschaler.dirndlwiki.at) erarbeitet, das intern wie extern als Lexikon über den Betrieb informiert.

Abbildung: Steinschaler Wiki

Biberarbeit beim Teich im Produktionsgarten

Die Kommunikation baut im Sinne einer nachhaltigen Denk- und Arbeitsweise auf den von Johann Weiss geprägten Begriff „regiologisch“ auf. „Regional ist einfach logisch“, bekräftigt Johann Weiss. Der Garten ist für die Steinschaler Naturhotels eine „Natufaktur“, also von und mit der Natur gemacht. Ziel ist es, der Natur ihren Lauf zu lassen und mit der und durch die Natur zu arbeiten bzw. diese für sich arbeiten zu lassen.

Diese Arbeitsweise wird aber laut Johann Weiss von einigen Gäste leider (noch) nicht verstanden. Sie verstehen unter „Garten“ Pflanzen, welche in Reih und Glied in Beete gesetzt werden und wo jegliches „Unkraut“ schnell und radikal entfernt wird. Dieses „Unkraut" besteht jedoch vielfach aus den Wildkräutern und damit gewünschten Erntekräutern. Der Garten polarisiert durch die eigens entwickelten Naturgartenmethoden sehr stark (so werden z.B. Samenstände nicht abgeschnitten, sondern bleiben zur Eigensamenproduktion stehen, was für manche Gäste „ungepflegt“ anmutet). Gäste werden daher speziell darauf hingewiesen und sollen in diese Richtung sensibilisiert werden. So ist dies z.B. wichtiges Thema bei Führungen von Johann Weiss durch die Gärten. Auch die Mitarbeiter sind speziell geschult und können den Besuchern und Gästen Auskunft geben, was Natur im Garten und ein biologischer Kreislauf als oberste Ziele bedeuten.

Gartenführung von Johnann Weiß 2010

Ergebnisse und Empfehlungen

Aus der Erfahrung von Johann Weiss zeigt sich, dass nachhaltige Betriebe eine bessere (wirtschaftliche) Stabilität haben. Dies gilt insbesondere für Familienbetriebe, wo das Ziel ist, den Betrieb an die Kinder zu übergeben und damit per se die Notwendigkeit der Nachhaltigkeit gegeben ist. Dieser Betriebstyp ist im österreichischen Tourismus eine zentrale Säule, allerdings erhalten solche Hoteliers seitens der Politik oft zu wenig Anerkennung für ihre Leistungen und ihre Wirtschaftsweise. Generell sieht er, dass politische Rahmenbedingungen im Tourismus oft schwierig sind und wünscht sich daher eine verstärkte Lobby für den (nachhaltigen) Tourismus in Österreich.

Vermehrung von Kulturpflanzen hier Fuchsien

Das Thema Natur hat aus seiner Sicht sehr viel Entwicklungspotenzial für den österreichischen Tourismus. Österreichurlaub ist aus seiner Sicht meist nachhaltig(er). Verstärkte Information in diese Richtung ist daher nötig, viele Beispiele zeigen bereits wie dies funktionieren kann (z.B. Schulschikurse in Österreich, Landurlaub für Kinder aus der Stadt, die eine „Erziehung“ in diese Richtung bieten).

Nachhaltigkeit wird seitens der Gäste aber auch der Anbieter oft (noch) nicht als etwas Erstrebenswertes gesehen und wird mangelhaft kommuniziert bzw. häufig falsch verstanden.

Nachhaltigkeitsschulungen (wie beispielsweise eine geplante Nachhaltigkeitsakademie der Steinschaler Naturhotels) und Know-How-Verteiler (wie DMMA) werden von Johann Weiss als zentral erachtet, um das Thema insgesamt voranzutreiben und besser zu positionieren. Teilweise sind auch rechtliche Reglementierungen bzw. Lenkungseffekte nötig, um gewissen Themen Schub zu verleihen, die sonst keine Umsetzung finden würden (siehe z.B. Verbot des Plastiksackerls).