Wirkung von Carnitin

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Der positive Einfluss von L-Carnitin auf den Stoffwechsel besonders im Alterungsprozess

1. Einleitung

L-Carnitine (γ-trimethylamino-β-hydroxybuttersäure) ist ein kleines in fast allen Zellen vorkommendes Molekül. Vom evolutionären Gesichtspunkt aus betrachtet gehören die carnitinabhängigen Stoffwechselwege zu den Ältesten. L-Carnitin ist in manchen Bakterien ein Osmolyt (Regulator des osmotischen Druckes) und in anderen eine wichtige Kohlenstoff und Stickstoffquelle [1]. L-Carnitin spielt im Stoffwechsel von Pflanzen, Insekten und Fischen eine wichtige Rolle [2]. Man kann also sagen von der Hefe bis zum Menschen ist L-Carnitin ein essentieller Faktor im Zellstoffwechsel [3]. 99% des L-Carnitins im Körper befindet sich in den Zellen. Die Carnitinmenge im Blut wird durch die Nierenfunktion sowie durch Alter und Geschlecht bestimmt. L-Carnitin wird von körpereigenen Zellen nicht abgebaut sondern über den Urin und die Galle ausgeschieden [4].

2. Funktion von L-Carnitin im Energiestoffwechsel

Die wichtigsten Energiequellen des menschlichen Körpers sind Zucker (Glucose) und Fett (Fettsäuren). Für die Energiegewinnung müssen diese Brennstoffe aus dem Blut zunächst in die Zellen und anschließend in die Mitochondrien (Kraftwerke der Zelle) transportiert werden. L-Carnitin hat eine entscheidende Funktion bei der Verbrennung von langkettigen Fettsäuren aber auch bei der Entgiftung von toxischen Metaboliten (Zwischenprodukte) [5, 6].

3. Carnitinresorption und Synthese

L-Carnitin wird in Säugetieren aus den essentiellen Aminosäuren Lysin und Methionin synthetisiert [4].

Bei Menschen mit ausgewogener Ernährung werden ca. 75 % des Carnitinbedarfs mit der Nahrung gedeckt und nur 25 % in Muskel und Leber synthetisiert [4, 7].

Die Bioverfügbarkeit von L-Carnitin ist ca. 65 bis 75 %, und damit geringer als die von Aminosäuren [7]. Nichtaufgenommenes L-Carnitin wird durch die Mikroorganismen im Dickdarm abgebaut und ausgeschieden.

Die endogene Carnitinsynthese wird durch die exogene Zufuhr von L-Carnitin nur unwesentlich beeinflusst [4].

4. Carnitintransport in das Gewebe

Es gibt Transportproteine (besonders wichtig ist der organische Kationentransporter OCTN2), die für die Aufnahme von L-Carnitin in Körperzellen zuständig sind. Diese Transportproteine können durch einige Medikamente oder durch den Alterungsprozess in ihrer Funktion negativ beeinflusst werden. Trotz normaler Carnitinspiegel im Blut kann daher im Gewebe ein Carnitinmangel vorliegen. Dadurch kommt es zu einer verminderten Fettverbrennung in den Mitochondrien (Kraftwerke der Zelle) und zu einer geringeren Energiebereitstellung in der Zelle [8, 9].

5. Carnitintransport in der Zelle

In der Zelle gibt es 4 carnitinabhängige Transportsysteme für Fettsäuren. Jedes dieser Systeme ist einem bestimmten Zellorganell (Bestandteil der Zelle) zugeordnet. Mit Hilfe dieser Enzyme werden langkettige Fettsäuren transportiert. Besonders wichtig ist das mitochondriale System. Eine genauere Beschreibung der Funktionsweisen von CPT-Systemen, CPT-Malonyl-CoA-Wechselbeziehungen, Pufferung des mitochondrialen CoA-Pools und der Rolle von L-Carnitin in der Regulation von Gentranskription ist u.a. in folgenden Publikationen nachzulesen [5, 6, 10]

6. Schwangerschaft

Bereits in der 12. Schwangerschaftswoche kommt es auf Grund der Hormonumstellung zu einer vermehrten Ausscheidung von L-Carnitin. Die Carnitinspiegel im Blut bei Schwangeren sind signifikant niedriger als bei nicht Schwangeren. Bis zur Geburt hin erfolgt eine weitere starke Abnahme der Carnitinspiegel [11]. Carnitingabe verbessert den Stoffwechsel der Schwangeren und reduziert das Risiko eines Schwangerschaftsdiabetes [12]. Bei drohender Frühgeburt stimuliert L-Carnitin die Surfactantproduktion (ein Komplex, der die Funktion der Lungenbläschen ermöglicht) und damit die Lungenreife des Kindes [13, 14].

7. Diabetes

Der Typ2-Diabetes ist eine Stoffwechselentgleisung, die in der heutigen Zeit leider immer öfter auftritt. Die häufigste Ursache ist Bewegungsmangel und Übergewicht. Die Krankheit führt zu hohen Blutfettwerten und zu einer verminderten Wirkung von Insulin. Daher kommt es zu stark erhöhten Blutzuckerwerten die über die Jahre vor allem zur Schädigung der Gefäßwände, des Herzens und der Nieren führen [15-18]. L-Carnitin senkt die Blutfette (Fettsäuren, Triglyceride und Cholesterin, Annals Nutrition & Metabolism 2011, in Druck) und verbessert die insulinvermittelte Glucoseaufnahmerate in den Muskel [19]. Nachdem die Muskulatur etwa 80% der aufgenommenen Glucose verbraucht, ist der Skelettmuskel ausschlaggebend für die Höhe der Blutzuckerspiegel.

8. Dialyse

Etwa die Hälfte aller Dialysepatienten sind Diabetiker. Viele Langzeitdialysepatienten haben einen Carnitinmangel, da L-Carnitin als sehr kleines und wasserlösliches Molekül während der Dialyse verloren geht. Die Supplementierung von L-Carnitin ersetzt bei diesen Patienten nicht nur das verlorene L-Carnitin, sondern fördert auch die Bildung von Erythrozyten (rote Blutkörperchen) und reduziert damit den Bedarf an Erythropoetin [20].

9. Störungen der Blutgerinnung

Die Atherosklerose (Arterienverkalkung) ist eine Systemerkrankung der Blutgefäße, die zur Ablagerung von Blutfetten, Thromben und Bindegewebe in den Gefäßwänden führt. Eigentlich entspricht das dem natürlichen Alterungsprozess aber auf Grund von Fehlernährung, Übergewicht, Diabetes und Bewegungsmangel kann dieses Krankheitsbild schon wesentlich früher auftreten.

Es kommt zunächst zu einer leichteren Verklebung der Blutplättchen (erhöhte Thrombozytenaggregations-neigung) und in weiterer Folge zur Anlagerung von Fibrin. Dadurch bilden sich Thromben in den Gefäßen, die bei Ablösung u.a. zu Herzinfarkt und Schlaganfall führen können.

Bei der Thrombozytenaggregation spielt einerseits die Arachidonsäure (omega-6 Fettsäure) und Sauerstoffradikale eine bedeutende Rolle [21]. Die omega-3 Fettsäuren der Fischöle bilden biologisch weniger aktive Zwischenprodukte und verringern damit die Thrombenbildung. L-Carnitin hat einen ähnlichen Effekt wie die Fischöle indem es den Einbau der Arachidonsäure hemmt und zudem Sauerstoffradikale unschädlich macht (wirkt als Radikalfänger) [22, 23].

10. Infektionen

L-Carnitin reduziert das Fortschreiten der Infektion durch Unterdrückung von Signalstoffen (Cytokine) [24]. Dadurch ist der Krankheitsverlauf weniger dramatisch. Auch bei AIDS Patienten konnte mit hohen Dosen L-Carnitin (6g/Tag) gute Erfolge erzielt werden [25, 26].

11. Alter

Altern ist durch eine allgemeine Verminderung der physiologischen Funktionen in vielen Organen charakterisiert. Auch der Carnitingehalt (verminderte Carnitinaufnahme aus dem Blut siehe Kapitel 3) und die Mitochondrienfunktion in den Organen ist stark reduziert. Die mitochondriale Dysfunktion scheint eine Hauptursache für den Zellverfall im Altern zu sein [27]. Schlecht funktionierende Mitochondrien bilden vermehrt Sauerstoffradikale, die zusätzlich die Zellstrukturen schädigen. Die Bewahrung der Mitochondrienfunktion ist wichtig, um die gesamte Gesundheit während des Alterns aufrechtzuerhalten. Die Gabe von L-Carnitin führt zu einem Anstieg der Carnitinspiegel und gleichzeitig zu einer Umkehrung der altersbedingten Veränderungen im Herzen, im Skelettmuskel und in der Leber [28, 29].

Die Langzeitgabe von L-Carnitin verbessert die alterbedingte Abnahme der Lern- und Erinnerungsfähigkeit (kognitive Funktionen). L-Carnitin verstärkt im Zusammenspiel mit anderen Antioxidantien (wie z.B. Liponsäure) die kognitiven Fähigkeiten [30-32]. Der Effekt ist größer als eine rein additive Wirkung dieser Substanzen wäre (Annals Nutrition & Metabolism 2011, in Druck).

Zusammenfassung von Univ. Prof. Alfred Lohninger - Meduni Wien

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